
MANUALTHERAPIE FÜR PFERDE

Quaddeltherapie
Die Neuraltherapie bezeichnet eine Form der Regulationstherapie, die zur Anregung der körpereigenen Heilungskräfte bei akuten, v.a. aber bei chronischen Erkrankungen eingesetzt wird. Hierzu werden Lokalanästhetika (z.B. Procain oder Lidocain) nach bestimmten Infiltrations- oder Injektionstechniken verwendet. Diese Methode ist in der Lage an spezifischen Körperpunkten, Körpersegmenten oder Strukturen regionale wie auch vom Infiltrationsort entfernt liegende Störungen zu beseitigen. Sie ermöglicht über die Einflussnahme auf das autonome Nervensystem, das hormonelle System sowie die humorale Immunantwort eine Verbesserung der gestörten Eigenregulation des Körpers. Die Wirkung der eingesetzten Lokalanästhetika geht dabei weit über ihren schmerzlindernden Effekt hinaus. So wirkt z.B. Procain anregend, tonisierend und stimulierend, Lidocain beruhigend, dämpfend und detonisierend auf den Körper. Heute werden in der Neutraltherapie hauptsächlich vier bis fünf Zugänge angewendet.
Bei der Lokalbehandlung wird das Lokalanästhetikum in das erkrankte Gewebe an den Ort des Schmerzes appliziert, so etwa in den Bereich von Gelenkstrukturen oder auch ins Weichteilgewebe und wirkt hier entzündungshemmend. Eine Sonderform der Lokalbehandlung ist die Applikation eines Lokalanästhetikums in myofasziale Triggerpunkte. Dabei ist wichtig, dass alle Triggerpunkte erfasst werden, um eine vollständige Schmerzausschaltung zu bewirken.
Bei der Segmentbehandlung wird die durch einen Spinalnerv bedingte neuronale Verschaltung (Segmentierung) der Haut und der darunter liegenden Strukturen wie Muskulatur, Knochen, Faszien, Nerven, Gefäße und Organe ausgenutzt. So ermöglicht z.B. das Quaddeln eines bestimmten Hautareales (Dermatom) mittels eines Lokalanästhetikums die Beeinflussung des ihm zugehörigen inneren Organs (Viszerotom). Die Segmentierung erlaubt neben der Therapie auch die Diagnostik, da sich Störungen der inneren Organe auch an Hautarealen (Head-Zonen), als besonders schmerzempfindliche Zonen, zeigen.
Neuraltherapie
Bei den neuralen Techniken (Ganglien, Plexus, Grenzstrang) wird das Lokalanästhetikum an den entsprechenden Nerven (von der Peripherie in Richtung Zentrum) oder an die übergeordneten Strukturen des vegetativen Nervensystems (Ggl. stellatum, lumbaler Grenzstrang) appliziert. Dies führt zur Durchblutungsförderung des Ganglions selbst und löscht das Schmerzgedächtnis.
Die Störfeldtherapie ist die eigentliche Domäne, die Königsdisziplin der Neuraltherapie. Zu den häufigsten Störfeldern beim Pferd gehören Narben und Zahnprobleme, insbesondere die Zahnwurzeln des Oberkiefers. Diese Störfelder sind meist abgekapselte Entzündungsherde, die das Immunsystem und den Organismus über Jahre hin schwächen und oft zur Chronifizierung von Krankheiten führen. Lassen sich diese Störherde erfolgreich behandeln, führt dies bei chronischen Erkrankungen oft zur Heilung oder deutlichen Verbesserung der klinischen Symptome. Ein interessantes Beispiel aus der Praxis: Mir wurde ein Pferd vorgestellt mit immer wiederkehrender Rückenproblematik und deutlichen Anzeichen myofaszialer Verspannungen und Schmerzhaftigkeit in der Oberlinie (nicht durch Equipmentprobleme oder die Reitweise erklärbar). In der Adspektion fiel eine alte Narbe seitlich des Brustkorbs entlang der 14. - 16 Rippe auf. Diese resultierte aus einer Brandverletzung. Vor vielen Jahren war bei einem Scheunenbrand ein brennender Holzbalken auf das Pferd gefallen. Diese Narbe fühlte sich weder derb noch unbeweglich an und das Pferd zeigte keinerlei Schmerzhaftigkeit bei der Palpation. Beim Umspritzen der Narbe nahm das Pferd nach kürzester Zeit Kopf und Hals herunter, fing an zu gähnen und zeigte deutliche Entspannungsanzeichen. Man konnte bei der Infiltration des Lokalanästhetikum förmlich zusehen, wie sich die Rückenlinie des Pferdes deutlich besserte. Diese Behandlung wurde noch zweimal im Abstand von 2-3 Tagen wiederholt. Das Pferd zeigte daraufhin keinerlei Rückenprobleme mehr und muskelte trotz höheren Alters noch deutlich auf.
Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe Störherde, wie gynäkologische (z.B. das Ovar) oder andrologische Probleme, Wirbelsäulenblockaden, die im Zusammenhang mit der Entstehung von Lahmheiten stehen können, Magen-Darm-Irritationen oder auch eine Vielzahl von exogenen Faktoren. Nicht alle Störherde können mit Hilfe der Neuraltherapie für das Tier schmerz- und stressfrei erreicht werden. Hier bieten die lokale Lasertherapie und Laserakupunktur eine mindestens ebenso effiziente und effektive Alternative.

Kastrationsnarbe als Störfeld